Beleidigt sein bringt keinen weiter

Beleidigt sein bringt keinen weiter

Ich bin manchmal wahnsinnig gerne beleidigt. Beleidigt sein ist toll! Dem anderen so richtig unter die Nase zu reiben, was er mir angetan hat. Kennt ihr das?

Doch warum machen wir so etwas? Im Beleidigt sein verbirgt sich ein unglaubliches Machtspielchen. Wir versuchen den anderen zu manipulieren.

Verletzt sein als Kontrollmechanismus

Die Manipulation versteckt sich in dem Wunsch, dem anderen aufzuzeigen, dass er daran Schuld ist, warum es mir jetzt so schlecht geht. Wir machen den anderen verantwortlich für unser Gefühlsleben.

Wir versuchen durch unser Schmollen, den anderen in seinem Verhalten zu manipulieren, dass er sich letztendlich doch so verhält, wie wir das gerne hätten. Denn dadurch bekommen wir ja wieder – wenn auch auf Umwegen – was wir eigentlich wollen. Nicht selten suchen wir uns auch noch im Umkreis

Verbündete oder Mitleidende, die uns in unserer Situation bestätigen. Je mehr sie uns Recht geben, desto mehr können wir uns als Opfer fühlen und noch mehr leiden. Wir ziehen regelrecht Energie aus dem Mitleid unserer

Helfer. Und während wir so leiden und jammern und die anderen Schuld sind an unserer Situation – ändert sich NICHTS. Wir drehen uns im Kreis.

Vielleicht versuchen wir auch durch unser beleidigt sein, Rache zu üben. Wir schweigen, um es dem Täter heim zu zahlen. Vielleicht freuen wir uns sogar insgeheim, dass wir ihn durch unser Schweigen in ein offenes Messer rennen lassen. Dabei bemerken wir gar nicht, wie wir von unserer Opfer- selbst in die Täterrolle verfallen. Auch hier sind wir wieder im berühmten Drama-Dreieck von Stephen Karpman. Das Täter-Opfer-Retter Spiel dreht sich weiter im Kreis und es ändert sich NICHTS.

Wir nutzen beleidigt sein also als Mechanismus, die Situation zu kontrollieren. Indem am besten alles so bleibt, wie sie ist. Dadurch bekommen wir ja eine Menge Aufmerksamkeit. Doch die verletzte Person zu spielen, um die Situation im Griff zu halten, ist Selbstbetrug.

Wessen Problem ist es?

Vielleicht erreichen wir für kurze Zeit das was wir uns vorgestellt haben. Dabei erkennen wir meist nicht, dass es nun eigentlich an uns selbst liegt, die Situation / das Problem zu lösen. Überhaupt müssen wir anerkennen, dass wir offensichtlich ein Problem haben und dass es nicht die Schuld von anderen ist wie wir uns fühlen oder wie wir über eine Situation denken. 

Denn angenommen, es würde stimmen, dass der andere für unsere Gefühle verantwortlich wäre, dann würde dies doch auch im Umkehrschluss bedeuten, dass wir gar keinen freien Willen und keine eigene Entscheidungskraft haben.

Es ist jetzt an der Zeit in die eigene Verantwortung zu gehen und nach unseren Prinzipien zu handeln.

Gefühle und Verantwortung

Ich stelle mir oft die Frage, nachdem ich mich so ein Weilchen in meinem eigenen Mitleids-Sumpf gesuhlt habe: “Bringt mich das jetzt wirklich weiter?” Dann muss ich meist erst einmal schlucken. Es geht hier nicht darum, alle Schuld bei mir selbst zu suchen, genauso wenig wie ich den anderen alle Schuld in die Schuhe schieben kann. Sondern es geht darum, ganz in der eigenen Kraft zu handeln.

Etwas anderes ist möglich – Die Kraft der Entscheidung

In meinen Trainings beobachte ich immer wieder, wie es Teilnehmern gelingt, von jetzt auf nachher aus der Opferrolle, dem unbewussten niederen Drama, mittels einer Entscheidung in ihre volle verantwortliche Gefühlskraft zu wechseln. Hatte sich die Situation im Außen geändert? Nein, sondern nur, wie der Teilnehmer diese bewertet und wie er mit ihr umgehen möchte.

Doch wie gelingt es aus dem eigenen Sumpf auszusteigen? Das möchte ich dir anhand folgender Übung erklären.

Übung: Nicht verteidigen – Danke, für dein Feedback

Lass uns mal annehmen, dass alles was man mir  vorwirft, irgendwie im Wesenskern stimmt. Ich sage nicht, dass dem so ist, doch es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die Beobachtung des anderen wirklich etwas mit mir selbst zu tun hat. Auch wenn das nicht immer einfach anzuerkennen ist.

“Boah, du bist aber ganz schön wählerisch.” Ja, stimmt… ich entscheide mich nur für das, was mir gefällt. “Du denkst jetzt aber nur an dich!”  Ja, ich denke gerade an mich und meine Bedürfnisse. “Auf dich kann man sich aber nicht verlassen.” Ja, stimmt…. wenn ich in die Vergangenheit blicke, gibt es Momente, in denen man nicht auf mich zählen konnte.

In dem Moment, aus dem man aus der Verteidigungshaltung heraus geht, kann folgendes passieren. Das Argument für jede weitere Diskussion ist weg, wenn wir antworten: “Danke, für dein Feedback.” Vor allem steigen wir dadurch aus unserem eigenen niederen Drama aus. Wir hören Feedback (frühere Bewertung: eine “Beleidigung”) und alles was wir zu tun haben, ist uns  für die Rückmeldung zu bedanken. In dem Moment, indem wir es nicht bewerten, brauchen wir nicht im Sumpf des beleidigt seins zu vermodern.

Auch hier wieder: Hat sich was im Außen geändert? Nein, es ist nur unsere Haltung, mit der wir der ganzen Situation nun begegnen.

Und was tun, wenn mein Gegenüber gerne schmollt?

Wie ich beobachtet habe, hilft es selten, dem andern zu unterstellen “Du hast doch irgendetwas…” Warum also nicht der schmollenden Person mit Humor begegnen, ohne dabei herablassend zu sein? Sondern wirklich da sein und zeigen, dass der andere uns am Herzen liegt. Humor verändert meist die Sicht auf die Dinge. Er verhindert, dass wir in den Sumpf des niederen Dramas gehen.

Auch frage ich gerne den anderen: “Möchtest du darüber reden, oder soll ich dich lieber in Ruhe lassen?” Dadurch versuche ich ihn nicht gegen seinen Willen zu retten – was erfahrungsgemäß nicht funktioniert und wahrscheinlich nur auf Widerstand stößt. Also, warum nicht dem anderen den benötigten Raum geben, um seine eigene Entscheidung zu treffen und ihn gegebenenfalls dabei zu unterstützen.

Zu guter Letzt hilft es auch oft auf die Metaebene zu wechseln. Auch hier ist es wichtig den anderen zu fragen, ob er Feedback möchte. Nur wenn ein klares JA als Antwort kommt, kannst du deine Beobachtung mit dem anderen teilen. Erwarte keine Antwort und steige in keine Diskussion ein, sondern bedanke dich dass er dir zugehört hat.

Ich hoffe dir hat der Artikel gefallen und wertvolle Tipps geliefert. Ich freue mich immer über eure Kommentare auf meiner Webseite.

Herzlichst
Lisa

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3 Antworten auf Beleidigt sein bringt keinen weiter

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