Viele von uns kennen den Spruch: „Das Leben fĂ€ngt dort an, wo die Komfortzone aufhört.“ Doch was ist diese Komfortzone? Wie ĂŒberwinde ich sie? Und welche Vorteile kann es fĂŒr mich haben, wenn ich im Leben nicht immer auf Nummer sicher gehe?

Der Mensch ist ja bekanntermaßen ein Gewohnheitstier, der sich wohl fĂŒhlt wenn ihm Situationen oder Dinge vertraut sind. Wir befinden uns inmitten unserer Komfortzone, wenn wir lieb gewonnene Handlungen wiederholen. Ich lade dich ein, mit mir diese „Kuschelzone“ einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Meine Box – Die Komfortzone

Andere Bezeichnungen fĂŒr unsere Komfortzone sind Glaubenssystem, Weltanschauung, die eigene IdentitĂ€t, unser Verteidigungsmechanismus, oder ganz einfach ausgedrĂŒckt unsere „Box“. Unsere Box besteht aus Vorlieben, die wir ĂŒber die Zeit entwickelt haben, Gewohnheiten, Vermutungen, Schlussfolgerungen und unsere Meinung. Die Box spiegelt unsere Erwartungen wieder und ist geprĂ€gt von Kultur und Regeln. Die Box gibt uns Sicherheit, denn innerhalb ihrer Mauern kennen wir uns aus, fĂŒhlen uns wohl und mit allem vertraut. Jeder von uns hat eine Box. Du hast eine, dein Partner hat eine; ich habe natĂŒrlich meine. Alle diese Boxen sind unterschiedlich und jeder von uns hat seine ganz speziellen persönlichen Herausforderungen.

Unsere Box ist weder gut noch schlecht. Solche Wertungen, wie gut /schlecht, richtig / falsch, sind ja genau die Mechanismen unserer Box. Es geht nicht darum unsere Box los zu werden, sondern zu erkennen, dass wir eine haben. Allein diese Tatsache und dass wir unsere Box im Alltag beobachten, verÀndert sie bereits.

 

An der Grenze unserer Komfortzone

Es ist unsere Box, die uns darin begrenzt wirklich zu erfahren, wer wir selbst sind. In jeder Situation, sind es diese Begrenzungen, die uns sagen, wozu wir fĂ€hig sind, oder wo wir versagen könnten. Die Grenzen unserer Komfortzone liegen fĂŒr jeden woanders. Ein Beispiel: wĂ€hrend Michael ohne Zögern einen Tandem-Sprung absolviert, hat der scheinbar so furchtlose Zeitgenosse große Probleme damit vor einer Gruppe von fremden Menschen zu sprechen. Vor der PrĂ€sentation seines Projektes an der Uni, bekommt er regelrechte SchweißausbrĂŒche.

Michaels und auch unsere Boxes sind die Schnittstelle zu unserem Außen, zu unserem Umfeld. Die Absicht einer jeden Box ist es, „zu ĂŒberleben“. Da wir bis jetzt ĂŒberlebt haben, weiß unsere Box, dass ihre Strategie funktioniert hat. Und so verteidigt und kontrolliert unsere Box unsere LebensumstĂ€nde, so dass alles so bleibt wie es mal war.

Wenn wir nun unsere Box verĂ€ndern, dann verĂ€ndern wir auf einmal was fĂŒr uns möglich ist. VerĂ€nderung ist nicht angenehm. Und das ist es auch, was diese Komfortzone so attraktiv macht. Die vermeintliche Sicherheit, die wir innerhalb unserer Box erfahren. Die Vorstellung, etwas an der Struktur unserer Box zu verĂ€ndern fĂŒhlt sich ohne Zweifel riskant und sehr fragwĂŒrdig an. Warum etwas Ă€ndern, was doch so klasse funktioniert?

Obwohl die Box uns Sicherheit vermittelt („hier kenn ich mich aus“) steht sie gleichzeitig zwischen uns und der großen, unbegrenzten Anzahl allgegenwĂ€rtiger Möglichkeiten. Denn sie wirkt wie ein gigantischer Filter. Die Box kontrolliert, was wir wahrnehmen und was wir ausdrĂŒcken können („das macht man nicht“). Sie kontrolliert, was wir fĂŒhlen und auch was wir als richtig oder falsch erachten. In manchen FĂ€llen fĂŒhlt sie sich vielleicht sogar an wie eine „Zwangsjacke mit dem gewissen Kuschelfaktor“, so klein und einengend kann sie sein, diese Komfortzone.

Funktioniert etwas nicht nach Plan, werden wir nervös, unruhig oder fĂŒhlen uns unbehaglich. Mit anderen Worten: wenn wir uns dem Rand unserer Box nĂ€hern,  verspĂŒren wir Angst. Angst, unser Weltbild könnte ins Wanken geraten.

 

Angst ist Angst

Diese Angst kann sehr unterschiedlich stark ausfallen:

  • Eine neue Eissorte auswĂ€hlen – relativ ungefĂ€hrlich.
  • Dem grimmigen Professor eine Frage stellen – schon etwas gefĂ€hrlicher.
  • Jemandem seine wahren GefĂŒhle und BeweggrĂŒnde mitteilen – super gefĂ€hrlich, da du nicht voraussehen kannst, wie er reagiert.

Und dennoch, lass uns bitte eine Unterscheidung treffen: Angst ist weder gut noch schlecht. Deine Angst lĂ€sst dich in einer solchen Situation, in der du dich am Rande deiner Box bewegst, wachsam sein und auf dich achten. Mit Angst kannst du Risiken abschĂ€tzen, mit ihr kannst du aufmerksam und prĂ€zise sein. Angst hilft dir, neue Vereinbarungen zu treffen und zentriert zu bleiben. Kurz gesagt: Angst ist Angst. Sie ist ein neutrales GefĂŒhl, dass dich im Jetzt informiert und dir professionell dient.

 

Experimente

NatĂŒrlich, wenn man Angst erspĂŒrt, kann es sich sehr ungewohnt anfĂŒhlen und wir wĂŒrden uns am liebsten sofort wieder zurĂŒckziehen. Es hilft, wenn wir uns mit dem GefĂŒhl der Angst schrittweise vertraut machen. Du erinnerst dich? Angst ist Angst. Und nichts anderes. Die folgenden kleinen Experimente könnten dir dienen, dich mit deiner Angst anzufreunden:

  • Nimm einen anderen Heimweg als gewöhnlich.
  • Gehe direkt an dem hohen Zaun mit dem wĂŒtenden Hund vorbei.
  • Besuche ein Restaurant, in dem du noch nie warst (vielleicht ein indisches oder mongolisches) und bestelle etwas, von dem du wirklich so gar keine Ahnung hast, was das sein könnte oder wie es schmeckt.
  • Anstatt den „schrulligen Herren“ aus der Nachbarschaft nur beim Vorbeigehen zu grĂŒĂŸen, sprich ihn an und erkundige dich aufrichtig, wie es ihm geht.
  • Sprich eine völlig fremde Person an, z. B. beim Warten auf dem Bahnhof, oder in einem CafĂ©, und fĂŒhre eine nette Unterhaltung.
  • Wenn du bei deiner Familie zu Besuch bist, sag deiner Mutter, dass du nicht den neuesten Klatsch aus der Verwandtschaft hören möchtest und erinnere sie liebevoll daran, wenn sie doch wieder zu Tratschen anfĂ€ngt.
  • Verlasse ohne dein Handy das Haus.
  • Ertappe dich bei deiner Routine: Wenn du z. B. stĂŒndlich auf das Handy siehst, um zu ĂŒberprĂŒfen, ob denn etwas im Chat oder auf Facebook los ist und lege das Handy sofort wieder fort, ohne die Neuigkeiten zu lesen.

Mit Hilfe dieser oder Ă€hnlicher Experimente kannst du deine Angst bewusst wahrnehmen und was passiert, wenn du dich diesen Schritt getraut hast. Wenn wir uns auch nur ein kleines StĂŒck aus unserer Komfortzone heraus trauen, an den WĂ€nden unserer Box wackeln, machen wir neue Erfahrungen. Neue Erfahrungen bringen einen frischen Wind in unser Denken und unser Handeln. Wir nehmen die Welt auf einmal wieder ein bisschen klarer wahr. Vertraue deiner Angst! Kannst du es vielleicht sogar genießen, Dinge zu tun, die du sonst nie machen wĂŒrdest?

 

Alles Liebe
Lisa