Falle Nr. 1 – schwarz oder weiß denken („Leben oder Tod“)
„Wenn ich diese Entscheidung jetzt treffe, dann kann ich nie wieder zurückkehren. Dann hat sich das für die Zukunft erledigt.“ Das stimmt einfach nicht. Es gibt nur ganz wenige Entscheidungen, die wirklich so sind, dass man nie wieder anders entscheiden kann. Zum Beispiel die Entscheidung Mutter oder Vater zu werden. Wenn das Kind mal da ist, wird man nie wieder Nicht-Eltern sein. Das Baby wandert nicht einfach dahin zurück, woher es kam – ein bisschen schwanger sein, gibt es nicht. Doch fast jede andere Entscheidung kannst du neu treffen. Wie du aus der Denkfalle aussteigen kannst:Minimiere dein Jetzt
Wenn du mit 25 Jahren feststellst, dass du dich im Alter von 18 für den „falschen“ Berufszweig entschieden hast, dann kannst du jederzeit eine neue Entscheidung treffen. Deine Entscheidung am Anfang deines Berufslebens musst du nicht bis zum Rentenalter durchziehen. (Ich habe sogar irgendwo mal gehört, dass der Mensch im Durchschnitt drei „Ausbildungen“ durchläuft – aber das nur so am Rande.)
Was ich damit sagen will: verabschiede dich davon, in zu großen Zeitspannen zu denken. Die meisten von uns leben in einem sehr ausgedehnten JETZT. Wir versuchen alle Eventualitäten einzuplanen, leben für die Rente und drücken uns so vor neuen Entscheidungen. Im Regelfall, damit alles so gewohnt oder bequem bleibt, wie es gerade ist.
Doch dadurch, dass du dein JETZT minimierst – auf einen Augenblick – stellst du auf einmal fest, dass du dich jederzeit neu entscheiden kannst. Denn das Wichtigste, was jemals in deinem ganzen Leben passiert, passiert gerade in DIESEM MOMENT (und nicht wenn du mit 67 in Rente gehst).
Und noch ein kleiner und doch wertvoller Tipp, aus meiner eigenen Erfahrung: Wenn du dich beispielsweise in einem Gespräch neu entscheidest (erinnere dich: du kannst dich jeden Moment neu entscheiden), dann teil es deinem Umfeld mit. Es könnte sonst sein, dass dein Partner dich sonst für verrückt hält, weil du gerade noch am Diskutieren und Schimpfen warst und im nächsten Moment ihm hilfst.
Wähle aus dem was nicht angeboten wird
Wenn du eine Entscheidung treffen musst, hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass du auch aus dem wählen kannst, was nicht angeboten wird? Der Großteil der Möglichkeiten liegt außerhalb unseres Sichtfelds und oft genug beschränken wir uns auf das, was gerade offensichtlich ist. Um bei der Job-Frage von oben zu bleiben – wer sagt denn, dass wir uns entscheiden müssen zwischen „den langweiligen Job weiter machen“ und dem vorliegenden Jobangebot? Warum nicht den Chef auf ein Sabbatical ansprechen oder ihm vorschlagen, zusätzliche (für dich spannende und inspirierende) Aufgaben im jetzigen Job zu übernehmen?
Falle Nr. 2 – Sich von der eigenen Angst überwältigen lassen
Viele von uns ignorieren anstehende Entscheidungen und sitzen sie aus, indem sie den Kopf in den Sand stecken und auf ein Wunder hoffen. Wenn es zu wichtigen oder komplexen Entscheidungen kommt, fällt es uns oft schwer uns auf das ein oder andere festzulegen. Schnell fühlen wir uns überfordert oder hilflos. Was uns im Nacken sitzt, ist die Angst. Die Angst, eine „falsche Entscheidung“ zu treffen. Angst, es nicht zu schaffen. Angst sich festzulegen oder vor Einschränkungen. Angst davor, was andere von uns denken mögen, zu versagen, dass es uns schlechter geht als davor… und… und… und… Wir haben Angst vor Veränderung, denn wir setzen unsere „Sicherheit“ aufs Spiel. Auch wenn unser Leben gerade nicht optimal verläuft, es ist uns vertraut. Wir wissen wie das Spiel funktioniert, wie wir zu funktionieren haben. Wenn du also wichtige (oder auch komplexe) Entscheidungen zu treffen hast, dann mach es wie ein Bergsteiger. Etappe für Etappe. Nimm dir den Gipfeldruck heraus! Überforderung vermeidest du, indem du Schritt für Schritt vorangehst.Setze dich mit deiner Angst auseinander
1. Worüber entscheidest du?
Oft verhalten wir uns so, als ob es um Leben oder Tod geht (siehe Denkfalle Nr. 1). Dabei geht es in vielen Fällen nur um eine Kaufentscheidung oder Geschmackssache. Ob wir beispielsweise in den Urlaub nach Spanien oder nach Portugal fahren oder in welcher Farbe wir nun die Möbel streichen wollen. Ratzfatz verlieren wir das Wesentliche aus den Augen und verrennen uns – oder drehen und im Kreis (und mal wieder ist dieser lähmende Zustand an der Tagesordnung, den wir eigentlich vermeiden wollten). Mach dir also bewusst, worum es wirklich geht.
Kannst du bei kleinen Dingen sofort aus dem Bauchgefühl entscheiden: Go for it! Wenn die Entscheidung von größerer Tragweite ist und du nicht klar sehen kannst, weil deine Angst dich überwältigt, dann stell dir die Frage woher diese rührt.
2. Wovor hast du Angst?
Ist es wirklich die Entscheidung, die dir Angst macht? Oder was steht dahinter? Nimm dir ein Blatt Papier und schreibe auf: Ich fühle Angst, weil… Ich habe Angst davor, dass…
Und dann ergänze ihn: … ich versagen könnte. … mein Vater/Partner diese Entscheidung nicht gut findet und mir, wenn ich versage, bestimmt vorhält, dass er das ja gleich gewusst hat.
Oft ist es die Angst vor der Angst, die uns davon abhält eine Entscheidung zu treffen. (Sie dir dazu das Video von Mr Ramesh an, der die Angst vor der Angst aus einer sehr witzigen Perspektive erläutert.)
Wenn du deine Angst-Liste dann anschaust, wirst du feststellen, dass der ein oder andere Punkt völlig unrealistisch ist, vielleicht sogar zum Schmunzeln. Der Angst-Luftballon schrumpft in sich zusammen und du kannst ihn getrost streichen. Diese Methode, mit der eigenen Entscheidungs-Angst umzugehen, nennt sich Luftballon-Technik. Sie erklärt sehr ausführlich, wie du unrealistische Ängste aussortierst und so Klarheit für dich gewinnst. Ich kann dir diesen Artikel sehr empfehlen und wünsche dir viel Spaß beim Lesen und ausprobieren.
3. Angst ist Angst
Wenn es zu neuen Situationen kommt, wirst du es ziemlich sicher immer mit der Angst zu tun bekommen – schließlich trittst du an den Rand des dir bekannten, an den Rand deiner Komfortzone. Doch wenn es nicht OK für dich ist Angst zu fühlen, dann wirst du kaum in der Lage sein etwas an deiner Situation zu ändern. Du bleibst der Spielball der äußeren Umstände. Was wäre also, wenn du eine neue Entscheidung triffst? Eine Entscheidung, die lautet: „Es ist OK, Angst zu fühlen.“ Du brauchst sie nicht vermeiden, sondern kannst sie gezielt nutzen, neue Wege zu gehen. Die eröffnet dir ganz neue Möglichkeiten.
Es geht nicht darum, dass du wie bei einer Achterbahnfahrt einfach nur noch in der Angst losrennst, sondern darum, dass du dich von deiner Angst informieren lässt, dass hier etwas Neues möglich ist. Und denk daran, es kann keine falschen Entscheidungen geben. Egal wie du dich entscheidest, du hast jederzeit die Möglichkeit eine neue Entscheidung zu treffen.
4. Triff eine Entscheidung – und halte Raum dafür
Wenn du eine Entscheidung triffst, dann triff sie klar und steh dazu. Keine was-wäre-wenn-Spielchen, verunsichern lassen oder Selbstkritik hegen. Wenn du eine Wahl getroffen hast, dann steh für einen bestimmten Zeitraum voll dazu (1 Minute, 1 Tag, 1 Woche, 1 Jahr etc.). So hast du die Möglichkeit wirklich auszuprobieren, ob es etwas für dich ist und so die „Ernte einfahren kannst“ für deine Entscheidung: Welche Erfahrungen hat es dir gebracht? Wo hat es dich weitergebracht? Was durftest du lernen? Es ist Teil unseres Lebens Fehler machen zu dürfen. Unsere Lernerfahrung ist am größten, wenn wir etwas selber erlebt haben. Vertraue darauf, dass das was gerade passiert, genau das richtige ist.
Klarheit über deine Wahlmöglichkeiten kommt dadurch, indem du aktiv wirst. Du kannst stunden- oder tagelang alles durchdenken und den Masterplan austüfteln. Wirkliche Klarsicht erlangst du erst, wenn du es ausprobierst und Erfahrungen sammelst. Also, lass dich von deiner Angst informieren, welche neuen großartigen Abenteuer da draußen schon auch dich warten. Ich wünsche dir viel Freude beim Surfen mit deiner Angst LisaP.S. Ein kleiner Auszug aus dem Buch „Momo“ von Michael Ende. Schritt für Schritt, wie der Straßenkehrer Beppo.
Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste, es war eine sehr notwendige Arbeit.
Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter: Schritt – Atemzug – Besenstrich.
Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß, erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte. „Siehst du, Momo“, sagte er dann zum Beispiel, „es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man.“
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: „Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen.“
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: „Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.“ Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: „Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: „Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste.“
Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: „Das ist wichtig.“