Neulich stand ich vor dem Kleiderschrank, um mir etwas zum Anziehen heraus zu suchen, das ich heute im Büro tragen wollte. Wie du vielleicht weißt, arbeite ich als Gefühlscoach und Kommunikationsberaterin. Bis vor ein paar Jahren war ich noch als Projektleiterin in der Großindustrie tätig. Aus dieser Zeit hängen noch sehr viele Blusen in meinem Kleiderschrank, die ich sonst weniger beachte. Ich nahm also eine Bluse nach der anderen heraus, hielt sie vor mich hin und betrachtete mich dabei im Spiegel. “Das bin einfach nicht mehr ich”, dachte ich. Je länger ich mich im Spiegel betrachtete, desto klarer wurde mir: Ich habe eine Rolle gespielt – die der effizienten, verlässlichen Business Frau.
Des Öfteren neckte mich damals mein Mann, ob ich denn heute wieder einen dieser “Business Strampler” tragen müsse, weil ich Kundengespräche hätte. Für ihn war es wie eine Verkleidung, die ich trug, um der Norm zu entsprechen. Ein Kleidungsstil, von dem ich dachte, dass er im Büro angebracht oder allgemeingültig sei. Vielleicht auch, um kompetent zu wirken oder erst genommen zu werden, in einer Männer dominierten Welt.
In meinem Beruf zählten Verstand, Willenskraft und Effektivität. Emotionen oder Gefühlsschwankungen waren da eher fehl am Platz.
Bloß nicht aus der Rolle fallen
Als ich da also vor dem Spiegel stand, ging mir bei der Erinnerung an damals ein Stich durchs Herz, denn ich war wahrlich nicht ich selbst gewesen. Maximal eine optimierte Version dessen, was von mir erwartet wurde / was ich selbst von mir erwartete. Eine Frau, die ihre Gefühle unterdrückte oder hinter “eher angebrachten Gefühlen”, um in dieser Spielwelt zu überleben.
Versteh mich bitte nicht falsch. Wir nehmen tagtäglich verschiedene Rollen ein und daran ist gar nichts falsches. Die Rolle einer Mutter, eines Schülers, Angestellten, Chefs, Klassen-Clown, … Worauf ich hier aufmerksam machen möchte, ist folgendes: wann verlierst du dich so sehr in deinen Rollen, dass du dich komplett anpasst und dein eigenes SEIN verleugnet, so dass dieses nicht mehr zum Vorschein kommen kann?
Unsere Erziehung, Erfahrungen die wir gemacht haben, als auch unbewusste Konditionierung führen dazu, dass wir oft einen sehr linearen Lebensplan verfolgen. Einen Lebensplan, bei dem es darum geht eben nicht aus der Rolle zu fallen. So dass für die anderen, aber auch für uns selbst, alles gewohnt und voraussehbar ist – einfach sicher.
Ein vorhersehbares Leben
Seien wir mal ehrlich, wie oft hast du dich schon erwischt dass du
- Dinge tust um anderen zu gefallen? Um Bestätigung von anderen zu bekommen?
- deinen Eltern, Lehrern, Vorgesetzten gefallen wolltest?
- etwas tust, was du ungefragt von deinen Eltern übernommen hast?
- deine Familie vernachlässigt hast, weil du ja noch arbeiten musst?
- dir heute schon Sorgen um die Rente machst und deswegen die “vernünftige” Entscheidung triffst, anstatt deinem Herzen zu folgen?
- dich eher für die “sichere Wahl” entscheidest, als deinem Herzen zu folgen?
- dich gegen dich selbst und deine Authentizität entscheidest, nur um nicht aufzufallen oder unbequem zu sein?
Doch wie sieht es aus mit Möglichkeiten, die nicht linear verlaufen? Wenn du an den Rand deiner Box trittst, sind auf einmal ganz neue Dinge möglich.
Auf zu neuen Pfaden
Du kannst jeden Moment eine neue Entscheidung treffen und damit neue Lebenswege einschlagen. Präsent sind wir immer nur im JETZT! Das ist der Moment, in dem wir authentisch sind und nach unseren Impulsen, aus unserem Körperbewusstsein heraus agieren können. Denn die Vergangenheit ist eine Geschichte. Über Vergangenes immer wieder nachgrübeln lohnt sich meist nicht, das Grübeln wird die Gegenwart nicht verändern. Die Zukunft ist noch eine Fantasie, auch da können wir nichts ändern. Schließlich weißt du nicht, was in ein paar Jahren sein wird. Wie sich deine Lebensumstände bis dahin verändert haben. Ändern kannst du immer nur etwas im JETZT. Eine neue Entscheidung braucht nur einen Augenblick, eine Sekunde. Dann zwei Sekunden, damit die Entscheidung in deinem Körper landen kann und dann ist schon wieder eine neue Entscheidung möglich. Jetzt… und jetzt… und jetzt… Wow, das fühlt sich lebendig an.
Für dich als Unterscheidung: Mit einer neue Entscheidung treffen, meine ich nicht immer, dass das die “ganz großen Dinge” im Leben sein müssen. Sondern das sind Entscheidungen, die in dem Moment etwas ganz neues ermöglichen. Zum Beispiel Nähe und Intimität, weil wir entscheiden mit dem Recht haben aufzuhören. Oder unsere eigene Integrität zu wahren, indem wir unserem Gegenüber ein klares Nein oder Ja geben. Wenn du mehr über die Kraft der Entscheidungen lesen magst, dann sieh dir auf jeden Fall diesen älteren Blog-Artikel von mir darüber an.
Mit der Klarheit darüber, dass du zu jeder Zeit neue Entscheidungen treffen kannst, ist es dir möglich mehr Lebendigkeit, Bereicherung und Erfüllung in dein Leben zu bringen. Denn du bist nun nicht mehr daran gebunden, was dir früher beigebracht wurde. Du musst keine klassische Ausbildung mehr durchlaufen, sondern du wählst für dich die Lerninhalte, die gerade für dich relevant sind und dir dienlich sind. (Ich habe eine Freundin, die für sich kein klassisches Studium mehr gewählt hat, sondern ihre Studieninhalte so zusammensetzt, wie es ihr für ihre Vision am besten ist. Der Preis ist letztendlich, dass sie kein klassisches Zertifikat in den Händen hält. Doch malt euch einmal aus, was ihr Gewinn dadurch ist.)
Stell dir mal vor, du würdest ganz authentisch deiner Lebensfreude, deiner Vision folgen. Was wäre dann auf einmal möglich?
Ja, aber ich habe doch Verpflichtungen, wirst du nun vielleicht sagen… Was wird denn dann aus meinen Kindern, denen muss ich doch etwas bieten… Musst du wirklich? Was ist für deine Kinder wirklich wichtig? Das sie immer die neuesten Markenklamotten tragen und die neuesten Spielsachen haben? Oder vielleicht ist es eher die Zeit, die sie mit dir verbringen? Die Zeit in der du ihnen deine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkst? Versuch also das zu verlernen, was dir beigebracht wurde, was in unserer Gesellschaft normal ist, oder welchen Status man erreichen sollte.
Ein authentisches Leben
Zusammenfassend, möchte ich dir noch die Anleitung für ein nicht-lineares und authentisches Leben mit auf den Weg geben:
- Alles ist jederzeit möglich: etwas Neues lernen, in Verbindung sein, Freude auf der Arbeit, spannende Abenteuer, neue Wege gehen, … Jede neue Entscheidung führt sich in eine neue Welt.
- Normen sind ein Baustein unserer Box, um ein vorhersehbares und bequemes Leben zu leben. Welche Normen bestimmen dein Leben? Dieses Konstrukt lohnt es sich über den Haufen werfen, wenn du etwas neues erfahren möchtest.
- Das bedeutet auch, dass du nicht mehr darauf achten solltest, was andere möglicherweise über dich und deinen Status denken könnten. Wir können es sowieso niemandem Recht machen. Lasst uns lieber lernen, dass die anderen ein Problem damit haben dürfen, wie wir unser Leben leben.
- Lass dein Ego möglichst viele kleine Tode sterben (z. B. noch im Streit entschuldigen, dafür wie du etwas gesagt hast), um im nächsten Moment wieder alle neuen Möglichkeiten offen zu haben, für die deine Box (dein Ego) viel zu starrsinnig wäre. So kannst du dich aus alten Konditionierungen / Mustern befreien.
- Sicherheit ist eine Illusion. Wer weiß denn schon, was in 30 Jahren sein wird. Ich rechne mit keiner staatlichen Rente mehr, du etwa? Warum sollte ich mir also heute darüber schon den Kopf zerbrechen? So bleibe ich beweglich, flexibel und offen für neue Möglichkeiten.
- Denn Leben und Denken ist nur im Jetzt möglich. Was mich direkt zum nächsten Punkt bringt.
- Alle drei Sekunden kann ich eine neue Entscheidung treffen. Meine Kraft liegt im JETZT!
Ich wünsche dir viel Freude dabei, dich selbst immer mehr zu entdecken und wirklich dein eigenes Leben zu leben.
Ganz getreu der Frage, die uns einer unserer Professoren immer gestellt hatte: “Wer hindert Sie daran? Maximal Sie selbst.”
Dir steht einem glücklichen, selbstbestimmten Leben also nichts im Wege.
Alles Liebe
Lisa
P.S. Falls du meine Größe hast, ich hätte gerade eine Menge Blusen abzugeben. Komm doch gerne mal zu einem meiner nächsten Kleidertausch-Partys vorbei.