Am Wochenende war ich auf einem Possibility Lab Training. (Possibility Labs sind die Aufbautrainings von den Expand The Box Trainings. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, dann schau hier.) Von diesem wertvollen Wochenende möchte ich heute ein wichtiges Thema mit dir teilen. Zum einen kenne ich das selber sehr gut und zum anderen ist es auch immer wieder Thema in meinen Trainings: Es geht um Verletzungen und Groll, der sich daraus entwickeln kann.
Wir alle kennen diese Situationen, in denen wir uns unfair behandelt, kritisiert oder zurückgewiesen fühlen. Fühlen uns verletzt. Wir hatten die Annahme, dass so etwas nie passieren würde. Diese Annahme war Grundlage für unsere Erwartungen. Die Erwartung, dass in einer bestimmten Art und Weise mit uns umgegangen wird. Und sobald jemand deine Erwartungen nicht einhält, hast du verdammt noch mal einen sehr guten Grund dem anderen zu grollen, oder?
Groll ist sehr heimtückisch. Es ist der bewusste oder unbewusste Ärger über ein Ereignis aus der Vergangenheit. Wenn wir nicht aufpassen, tragen wir diesen Groll tage-, wochen-, wenn nicht sogar jahrelang mit uns herum. Wie in einem Sammel-Album häufen wir Beweise dafür an, dass der andere ein Arsch ist. Unsere Gedanken kreisen immer wieder um diesen Vorfall. Ziemlich oft sogar schmieden wir Rachepläne, wie wir es dem anderen heimzahlen können. Doch durch Groll hegen ändert sich gar nichts, außer dass dieser Groll immer weiter den authentischen Kontakt zu der anderen Person zerstört und dass einen Großteil deiner Aufmerksamkeit frisst. Wertvolle Zeit und Energie geht verloren und keiner kann sie dir je wieder ersetzen. Das ist kein Zustand, den ich mir für mich wünsche, dazu sind mir meine Zeit und meine Gesundheit viel zu schade. Durch Ärger steigt der Stresshormon-Spiegel, Blutdruck und Puls gehen hoch, Ärger schlägt auf den Magen und kann Kopfschmerzen verursachen. Was also unternehmen?
Erwartungen und Groll Auflösen
Wenn auch du bei dir Themen entdeckst, bei denen du Groll hegst, dann lade ich dich herzlich dazu ein, diesen aufzulösen. Dafür ist es erst einmal wichtig zu verstehen, wie Groll aufgebaut ist. In der Einleitung habe ich es schon kurz angedeutet. Groll kommt immer dann hoch, wenn Erwartungen, die wir an eine Person stellen, nicht erfüllt wurden. Diese Erwartungen werden sehr, sehr oft unbewusst oder zumindest stillschweigend getroffen. Erwartungen, wie zum Beispiel, dass der Klodeckel herunter zu klappen ist, dass nach jeder Frage ein „Bitte“ zu sagen ist und so weiter… Das ist für dich einfach gutes Benehmen. Deine Eltern haben es ja schließlich auch so gehalten. Wir bauen unsere Erwartungen also auf unsere eigenen Gewohnheiten, Erziehung und auf unsere Annahmen (wie die Welt zu funktionieren hat) auf. Diese Annahmen sind uns selten bewusst. Sie schlummern – wie der Großteil eines Eisbergs – unter Wasser.
Was kannst du also tun, wenn du bemerkst, dass du jemandem grollst? Eine sehr effektive Methode ist es, deine eigenen Erwartungen zurück zu nehmen und somit einen Teil deines Grolls auflösen.
Im ersten Schritt, spüre in dich hinein, ob du dazu bereit bist, deine Erwartung loszulassen und aufzulösen. (Achtung: Mach keine Kopfentscheidung daraus. Meinst du es wirklich so, aus deinem Herzen heraus?) Wenn ja, dann folgt der zweite Schritt. Frage die Person, gegen die du Groll hegst, ob sie Zeit für dich hat und dir zuhören kann. Alternativ kannst du auch einen Stellvertreter bitten, in die Rolle der anderen Person zu schlüpfen und für sie zuzuhören. Sage der Person: „Ich nehme Jetzt und für immer die Erwartung zurück, dass … (sprich deine Erwartung aus). Das war es im Endeffekt schon. Klingt fast zu simpel, um wahr zu sein. Doch probiere es einfach mal selber aus. Du wirst das Ergebnis sehr schnell beobachten können. Meine Erfahrung ist, dass von mir in solchen Fällen eine große Last abfällt und es sich auch für den Zuhörer ganz leicht anfühlt. Wenn du mit einem Stellvertreter arbeitest (aber nicht nur), ist es außerdem sehr hilfreich, wenn derjenige eine Wiederholungsschleife macht und deine Kommunikation somit vollendet wurde.
Die Entscheidung, eine Erwartung die wir an jemanden haben zurück zu nehmen, ist wirklich befreiend. Lasse dich einfach auf ein Experiment ein. Gerne unterstütze ich dich dabei in einem Einzelcoaching. Nutze auch die Intelligenz unseres Possibility Teams.
Jetzt lass uns noch einen Schritt weiter gehen. Wie schön wäre es, wenn wir es gar nicht erst zu Groll kommen lassen?
Lass es nicht zu Groll kommen
Am Wochenende konnte ich für mich eine wichtige Unterscheidung treffen, aus der ich eine Landkarte entwickelt habe. Eine Teilnehmerin warf mir sehr aufgebracht vor, dass ich sie aufgrund unserer kulturellen Unterschiede gar nicht verstehen könne. Wir (Deutschen) würden es uns bequem machen und die Ungerechtigkeiten, die auf der Welt passieren, einfach nicht wahrhaben wollen. Pow, das saß. Ich ließ mich von der vollen Wucht des Schmerzes treffen und ich blieb, so lange ich konnte, im Augenkontakt; versuchte die Herz-zu-Herz-Verbindung nicht abreißen zu lassen. Ich konnte auch ihren eigenen Schmerz fühlen und in diesem Moment hatte ich Mitgefühl und Verständnis für sie. Das ist mein erster Tipp in Vorbeugung zu Groll: Lass dich von deinem eigenen Schmerz informieren, dass da auch Schmerz auf der anderen Seite sein könnte. Lade die Liebe ein, um nicht aus dem Kontakt zu gehen. Sei der Raum für den anderen, dass dort Heilung geschehen kann.
Lass dich nicht entmutigen
Das schaffte ich eine Zeit lang, doch da schlich er sich ein… der Groll… heimlich still und leise. „Was fällt ihr ein, uns alle über einen Kamm zu scheren? Wie kann sie mir das antun, mich vor den anderen so herunter zu putzen? Wir verstehen uns doch eigentlich so gut, warum lässt sie ihren politischen Frust gerade an mir aus?“ Mein Augenkontakt riss ab und ich stellte mich innerlich wie taub. Die nächsten 15 Minuten ging ich ihr aus dem Weg. Da fiel mir die Erkenntnis wie vor die Füße: Ich ging ihr aus dem Weg, um nicht noch einmal verletzt zu werden. Groll tut weh, aber es ist wahrscheinlich nicht ganz so schmerzhaft, als mich ihr „zu stellen“ und zu riskieren, noch einmal verletzt zu werden. Was für eine Annahme! Doch was wäre, wenn ich sie einfach weiter ignorieren würde? Ich würde all die Intimität (Intimität = die Vertraulichkeit, unseren Kontakt) zu ihr aufs Spiel setzen. Weiterhin hätte ich mich das ganze Training weiter über sie ärgern können und damit wertvolle Zeit meines Lebens damit verschwendet. Also entschied ich mich dafür, sie anzusprechen und den Groll aufzulösen. (Wie das geht, habe ich oben beschrieben.) Eine Wohltat – für beide von uns!
Bleib dem Haken fern
Diese Begebenheit lies mich dennoch nicht los – ich spürte weiter in mich rein. Wie richte ich es mir ein, dass ich Groll gegen jemanden hege? Denn auf der anderen Seite bekomme ich immer wieder das Feedback, dass ich nicht nachtragend bin. Mhhh… zwei Seiten an mir, die sich doch eigentlich im Widerspruch stehen, oder? Wir alle haben eine verantwortliche (helle) und eine unverantwortliche (Schatten-)Seite. Diese Unterwelt ist ein Teil von uns. Es geht nicht darum, sie zu leugnen und zu verdrängen, sondern sich ihrer bewusst zu werden und nicht an den „Haken zu gehen“. (Wie ein Fisch, der den leckeren Wurm sieht, zubeißt und dann am Haken fest hängt.)
Eine wichtige Unterscheidung kam, als ich innerlich die „Landkarte der Möglichkeiten“ differenzierter betrachtete. (Wenn du wissen möchtest, was es mit dieser Karte auf sich hat, sprich mich an.) Daraus hat sich die Landkarte „Dem Groll fernbleiben“ entwickelt. Durch Verletzung, die dir zugefügt wird, kannst du dich weiterentwickeln. Ja, das ist schmerzhaft und dennoch: Es gibt dir die Gelegenheit aus alten Mustern auszusteigen. Es ist einfach, eine Mauer aus Groll um uns herum aufzubauen, damit wir nicht wieder verletzt werden. Indem wir einer anderen Person grollen, haben wir einen guten Grund ihr aus dem Weg zu gehen und ertragen so lieber den Schmerz des Grolls als den einer weiteren Verletzung.
Was also ist möglich? In dem Moment, indem dich jemand mit Worten oder Taten verletzt, halte inne und mache eine kleine Lücke (das kann nur ein haardünner Spalt sein) zwischen deiner Box und seinem Sein. Diese kleine Lücke verhindert, dass du dich mit deinen Glaubensätzen / Ego / Annahmen / Erwartungen identifizierst. Dann triff eine Entscheidung! Anstatt deinen Ärger herunter zu schlucken und aus dem Kontakt zu gehen, drücke deinen Schmerz verantwortlich aus. Dass kann sein, indem du eine Grenze setzt und gleichzeitig in Kontakt und Kommunikation bleibst. So lädst du das helle Prinzip der Liebe in den Raum und gibst deinem Schattenanteil Groll keine Gelegenheit, einen Haken in dein Herz zu schlagen. Ja, und auch diese Haken kann man entfernen, falls doch Groll den Weg in dein Leben gefunden hat.
Das nächste Mal, wenn du eine Situation erlebst, in der Verletzung stattfindet, tritt einen Schritt zurück und entscheide dich bewusst, nicht ins niedere Drama von Groll und Rechthaben einzusteigen.
Wenn du weiter über das Thema Groll forschen möchtest, empfehle ich dir die folgenden zwei Artikel von Possibility Management Trainern:
- Georg Pollitt beschreibt in seinem Artikel „Wie du dir jederzeit Groll basteln kannst und was sonst noch möglich ist …“ auf harbigarr.ch sehr ausführlich den Aufbau des Annahme->Erwartung->Groll-„Eisbergs“.
- Nicola Nagel zeigt in „Erwartungen und Groll verhindern authentische Nähe“ auf viva-essenza.com an sehr verständlichen Beispielen, wie du Erwartungen zurück nehmen und damit einen Teil deines Grolls auflösen kannst.
Ich wünsche dir viel Freude beim Forschen und bei allen neuen Entscheidungen.
Alles Liebe
Lisa